Dienstag, 10. Januar 2017

Erfahrungsbericht 33

Erfahrungsbericht 33
Titel: Vor und nach Neujahr
Zeitraum: 27.12.2016 bis 10.01.2017


Jahreswechsel in Japan ist grundlegend anders als sonst so üblich. Grund genug diese Bräuche zu erleben. Die freie Zeit ermöglichte uns auch wieder Ausflüge zu unternehmen.

Die alte Kaiserstadt Kyoto 京都市
Eine lebendige Stadt mit ungefähr 2000 Tempel und Schreinen. Eine unglaubliche Symbiose zwischen Moderne und Tradition.  Die Schriftzeichen bedeuten kaiserliche Residenz, denn Kyoto war von 794 bis 1868 Sitz des kaiserlichen Hofes. Im zweiten Weltkrieg sollte ursprünglich über Kyoto die erste Atombombe abgeworfen werden. Jedoch hat der US-Kriegsminister Stimson wegen der kulturhistorischen Bedeutung, den Einsatz verlegt. Glück für Kyoto, Pech für Hiroshima und Nagasaki. Seit 1994 ist die ganze Stadt UNESCO Weltkulturerbe. Natürlich konnten wir nicht alle Tempel/Schreine anschauen, aber mit Hilfe des Internets haben wir eine gute Auswahl getroffen. Unterstützt hat uns Vorort der schon bekannte perfekte japanische Nahverkehr.

Tag 1 in Kyoto
Die Fahrt mit dem Shinkansen der Hammer. Mit 280 km/h komfortabel dahinrauschen ist eine Klasse für sich. In 2 Stunden waren die 450 km zurückgelegt. Besser reisen geht wohl nicht mehr. Unser Hotel lag mitten in der Altstadt, also mehr als zentral. Deshalb ging es dann auch gleich los. Der erste Eindruck bestätigte die Beschreibung von oben. Tempel und Schreine ohne Ende. Wo man hinläuft trifft man förmlich auf was Sehenswertes. Unsere erste Tour führte zum Yasaka Shrine, Jishu Shrine, Kiyomizudera Tempel, Otanihombyo Tempel und als Tageshöhepunkt den Sanjusangen-do Tempel. Sagenhafte 1001 lebensgroße, goldene Statuen der tausendarmigen "Kannon". Am Abend haben wir noch Kyoto bei Nacht bestaunt. Ein ganz besonderes Erlebnis.


Tag 2 in Kyoto
Erneut Großkampftag. Mit dem Bus zum berühmten goldenen Kinkakuji-Tempel. Beeindruckend und bei leichtem Schnee doppelt schön. Nun wurde auch uns bewußt, warum Kyoto ein Weltkulturerbe ist. Gleich um die Ecke ist dann der Hirano Schrein (uralte Tempelanlage) und der Kitano Tenmangu Shrine. Weiter ging es mit der Bimmelbahn nach Arashiyama. Unser Ziel war der "Bambo Walk" (Bambus Garten) und noch der Iwatayama Monkey Park mit wilden Makaken. Am Abend waren wir dann völlig platt von den vielen Erlebnissen.


Tag 3 in Kyoto
Am dritten Tag ging der Tempel-Marathon ins Finale. Nach einem kleinen Abstecher beim Ryosoku-in Tempel ging es mit der Bahn zum Fushimi Inari-Taisho Schrein. Unzählige viele rote "Torii" haben wir bis zum Abwinken durchschritten. Unglaublich was es alles auf dieser Welt gibt. Weiter ging es dann zu dem Heian-Jingu Schrein (alles in rot gehüllt) und zum Konkai-keminji Tempel (uralte Anlage). Zum Abschluß noch den Shoren-in Tempel und den Chion-in Tempel. Mit jeder menge Eindrücken und sehr müden Füßen ging es wieder zurück nach Yokohama.


Silvester und Neujahr
Um die Jahreswende haben alle Urlaub, selbst die Geschäfte sind geschlossen. Hier in Japan das Familienfest. Alle treffen sich im Kreis der Lieben und feiern gemeinsam Silvester und Neujahr.
Wir haben versucht soviel wie möglich die Bräuche zu verstehen und teilweise waren wir auch dabei.

Neujahrsschmuck
Ganz typisch ist der Hausschmuck namens Shimakezari oder die Kordeln aus Reisstroh namens Shimekawa. Auch beliebt sind Sträuße mit roten Beeren. Natürlich hatten wir unser Haus auch entsprechend ausgestattet.


Silvester
Das uns bekannte Feuerwerk findet nicht statt. Man geht in die Tempel oder Schreine.
In den Shinto-Schreinen werden Reinigungszeremonien durchgeführt und in den buddhistischen Tempeln wird mit 108 Glockenschlägen "Dong, Dong, ..." das neue Jahr begrüßt.


Neujahr
Der absolute Hit ist, den ersten Sonnenaufgang des Jahres zu erleben. Da wir nahe der Datumsgrenze leben (Land der aufgehenden Sonne), wollten wir auch unbedingt die erste Sonne des neuen Jahres sehen. Also mit vielen anderen Japanern nach Yokohama auf das Osambachi Pier und kollektiv den Sonnaufgang anschauen.


Neujahrsaudienz beim Tenno
Zweimal im Jahr (zum Geburtstag vom Tenno und zu Neujahr) ist der Palast geöffnet. Diese Gelegenheit wollten wir uns nicht entgehen lassen. Und wir haben die Kaiserfamilie gesehen und ordentlich zugejubelt. Schon eine emotionale Sache, nicht nur für Japaner. Zuvor wurden wir mit Fähnchen ausgestattet und mit vielen anderen in das "heilige Innere" des Palastes geführt. Ein Wort noch zur Organisation. Obwohl es wirklich sehr viele Menschen waren, die den Tenno sehen wollten, ging es geordnet und sicher ab. Beim warten in der Menschenmasse auf den Tenno war es so ruhig, dass man eine Münze hätte fallen hören können. 


Neujahrsessen
Trotz tollen landesspezifischen Spezialitäten haben wir uns an die schwäbische Tradition "Linsen mit Spätzle" gehalten. Was aber sein mußte, war ein Kagami-Mochi (Reiskuchen), eine typische Neujahrsspezialität.


Happy Bag
Am ersten Ladenöffnungstag des Jahres geschehen seltsame Dinge. In jedem Laden findet man "Happy Bags" oder Happy "Boxes". Und alle sind im Kaufrausch. Nachdem wir uns angeschlossen haben, war auch schnell klar um was es da geht. Die Läden bieten Überraschungspackete zu günstigen Preisen an. Überraschung deshalb, weil man nicht weiß, was drin ist. War wie nachträgliches Weihnachten. 


Der "Mamut-Buddha" in Ushiku Daibutsu
Und wieder mal eine Superlative. Der Buddha hat eine Höhe von 120 m und ist die größte Bronzestatue der Welt und die Drittgrößte überhaupt. Dargestellt ist der Buddha Amitabha (der Lehrende). Gewaltig, man kommt sich wirklich klein vor. Im Inneren des Buddhas geht's weiter mit den Überraschungen. Mit einem Aufzug kann man auf 85 m Höhe gelangen und hat einen traumhaften Ausblick. Im unteren Teil befindet sich eine 360° Gallerie mit über 3400 kleinen Statuen. Mehr Buddha geht nicht.


JAXA
Die "Japan Aerospace Exploration Agency" hat in Tsukuba ein Space Center mit Ausstellung. Da wir über japanische Weltraumfahrt nicht wirklich viel wußten, war das eine wahre Lehrstunde für uns. Japan hat eine eigene Trägerrakete und ist auch bei der ISS mit eigenen Modulen beteiligt. Bemannte Raumfahrt findet wie bei der "esa" zusammen mit der "NASA" oder den "Roscosmos" statt.


Yamanakako See
Am Ende der Neujahrsferien haben wir noch ein Wochenende am Yamanakako See (982 m Höhe) verbracht. Wir wurden mit einem traumhaften Blick auf den Fuji san verzaubert. Besser geht's nicht mehr. Da wir nach dem "Fuji-viewing" ziemlich durchgefroren waren, kam der heiße Onsen im Hotel genau richtig. Und wieder waren wir die einzigen Gaijins und das Essen typisch japanisch.  Zum Glück für Silvia gab es auch "Western Style" (nur für sie).


Sonderthema "Was machen die Japaner vor Neujahr"
Zwischen den Jahren geschieht Seltsames in Japan. Putzen ist angesagt. Alles und wirklich alles wird saubergemacht. Sogar die Straßengullies werden gereinigt. Alles muss zum Jahresstart glänzen. Böse Zungen behaupten sogar, dass die Kinder früher nach Hause kommen müssen um beim Putzen zu helfen. Toller Nebeneffekt für Gaijins ist, dass in dieser Zeit Reisen sehr angenehm ist. Wer putzt kann nicht reisen. Gut, dass wir nicht alle Bräuche von den Japanern übernehmen. Wobei der schwäbische Frühjahrsputz hat es auch in sich. Am Ende sind die Kulturen doch nicht so verschieden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen