Mittwoch, 18. November 2015

Erfahrungsbericht 13



Erfahrungsbericht 13
Zeitraum: 01.11.2015 bis 18.11.2015
Titel: Der November kann doch ganz schön sein


Der November zählte in Deutschland nicht zu unseren Lieblingsmonaten. Kälte und Nebel halten Einzug. Natürlich haben Silvia und Peter in diesem Monat Geburtstag, aber glücklich mit dieser Jahreszeit waren die Beiden nie. Und Ihr ahnt es schon. In Japan ist das mal wieder anders. Die Natur leuchtet in allen Farben. Es ist hell und meist sonnig und von Nebel keine Spur. Auch die Temperaturen liegen tagsüber immer noch über 20 Grad. Silvia kann sich nun doch über ihren Geburtsmonat freuen.  

Weihnachten beginnt Anfang November
Viele Bautrupps (immer mit Helm) waren beschäftigt die Halloween-Deko durch das volle Weihnachtsprogramm zu ersetzen. Und das in einem Land, wo es Weihnachten offiziell gar nicht gibt. Viele Gebäude sind dazu noch weihnachtlich geschmückt. Die Läden füllen sich ebenfalls mit weihnachtlichen Artikel. Im Baumarkt gibt es Tannenbäume zu kaufen Und ganz krass, schon am 7. November wurden wir mit "very merry Chrismas" begrüßt.


Geburtstag Silvia
Unsere Geburtstage machen uns zu schaffen. Auch Silvia hat mehr gelitten als sich gefreut. Es fehlen an solchen Tagen einfach, unsere Familie und unsere Freunde. Silvia hat es aber tapfer gemeistert. Die Anrufe aus der alten Heimat und die vielen Glückwünsche haben gutgetan. Ein Fest mit unseren neuen Freunden wollte Silvia nicht. Noch wandeln wir da zu sehr zwischen den zwei Welten hin und her. Es braucht noch Zeit. Aber die Feier zu Zweit haben wir genossen.


Mount Takao
Der Berg hat es uns angetan. Also haben wir wieder unsere Wanderschuhe angezogen und haben eine tolle Herbstwanderung gemacht. Dieses mal haben wir sogar den Gipfel auf Schusters Rappen erklommen. Es muss erwähnt werden, dass wir 100 Stockwerke erklommem haben (laut iPhone). Die Stufen wollten aber auch wirklich kein Ende nehmen. Zum einen waren Sie niedrig und bei der anderen, fragte sich Silvia ob sie jetzt Stabhochsprung machen soll. Silvia war ganz stolz auf diese sportliche Leistung. Einfach toll, dass so nah an unserem Zuhause so etwas möglich ist. Wir werden da sicher noch öfters hingehen.


Mia Annual Party
Wir sind in der japanischen Community angekommen. Die Jahresfeier an Silvias Schule hat nun auch mir die Gelegenheit gegeben ihre Japaner kennenzulernen. Alle wollten mit uns reden und viele haben uns zu unterschiedlichen Aktionen eingeladen. Wir sind mehr als erstaunt, wie wir aufgenommen werden. Keine Distanz zu spüren und alles sehr offen und freundlich. Das Fest selbst war typisch japanisch. Streng nach der Agenda wurde generalstabsmäsig durchgeführt. Cocktail, Reden, Essen, Vorstellen, Einlagen, Band mit Tanzen und Abschluß in vier Stunden. Dann im Kollektiv aufräumen und nach Hause gehen. Übringens Silvias Apfelkuchen kam gut an. Der schwäbische Kartoffelsalat war dann aber doch zu fremd für unsere Freunde.


Sukiyaki
Nachdem wir nun viel Esskultur in Restaurants genießen durften, ist es nun auch an der Zeit,  aufwendigere Gerichte nachzukochen. Sukiyaki (japanisch 鋤焼 oder すき焼き) hat es uns dabei besonderes angetan, da das Eintopfgericht direkt am Tisch gekocht wird. Das notwendige Zubehöhr (Tischkocher und Geschirr) war schnell und gerne gekauft (ihr kennt ja Silvia). Die Vorbereitung ist gar nicht so schwer. Man besorgt sich eine fertige Sukiyaki-Souce und fügt Tofu, Pilze, Nudeln und viel Gemüse dazu. Als besonderer Gag  kommt oben auf hauchdünn geschnittenes Rindfleisch. Das ganze wird dann am Tisch gekocht und in geselliger Runde verzehrt. Schmeckt superlecker und man ist anschließend babbsatt.


Gut beschützt auch bei Regen
Es gibt immer wieder Erlebnisse, die einen "aus den Socken hauen".  Folgendes Erlebnis muss der Reiner Euch unbedingt erzählen. Auf meinem Weg zur Arbeit war ich zu faul meinen Regenschirm auszupacken. Es nieselte und der Weg vom Bus bis zum Bosch ist nicht so weit. Also eine mutige Entscheidung von mir, die wohl seintens einer Japanerin als zweifelhaft angesehen wurde. Im Laufschritt kam die mir fremde Dame auf mich zu und hat mir ihren Schirm über den Kopf gehalten. Sie hat mich dann den Weg bis zum Eingang begleitet und hat sich dann noch bedankt. Glaubt mir, es war mir mehr als peinlich. Ich stammelte noch so was wie "Domo arigato", mehr brachte ich nicht mehr heraus.

Sonderthema "Arbeitskultur und -zeiten"
Arbeit ist ein sehr wichtiges Element im japanischen Leben. Man ist stolz auf die Arbeitskultur. Fleiß und Strebsamkeit sind nicht nur erwünscht, sondern Pflicht. Alles wird im Laufschritt erledigt. Morgens geht man nicht zur Bahn, man läuft. Eigentlich sinnfrei, da ja alle zwei Minuten eine Bahn fährt. Die Post wird auch im Laufschritt ausgetragen. Im Laden und im Krankenhaus, praktisch überall sieht man Menschen bei der Arbeit im Laufgang. Schneller geht es dadurch nicht, aber mann zeigt seinem Umfeld, dass man motiviert ist und voll in der Arbeit aufgeht. Und jede Arbeit wird mit Wertschätzung geachtet. Alle Tätigkeiten sind wichtig und aus Sicht der Japaner sinnvoll. Zum Beispiel werden den Anweisungen eines Winkers, der eine Baustelle absichert, immer Folge geleistet. Keiner setzt sich darüber hinweg. Ein weiteres Phänomen ist die Arbeitskleidung. Wenn man im öffentlichen Bereich tätig ist, trägt man Uniform. Der Parkplatzwächter, der Busfahrer, Zugbedienstete ohnehin, alle sind uniformiert. In den Firmen oder in den Läden trägt man einheitlich Berufskleidung. Auch die Schüler tragen Einheitskleidung. Im Büro sind dunkle Anzüge und weiße Hemden angesagt. Da falle ich mit meinem Outfit immer wieder auf. Auf Baustellen wird eine Mischung aus Berufskleidung und Uniform getragen und immer ist ein Helm auf dem Kopf. Selbst in Restaurants sind alle im Einheitsdress gekleidet. Erstaunlich wie alle während der Arbeit ins Kollektiv abtauchen. Im Privaten ist das (Gott sei Dank) wieder anders. Aber dazu mehr in einem anderen Bericht. Die Arbeitszeiten unterscheiden sich auch deutlich von Deutschland. Schon mal vorab, es wird lange gearbeitet. Wer um 8:30 Uhr ins Büro kommt ist alleine, es geht erst nach 9:00 Uhr los. Außer dem Mittagessen gibt es keine Pausen. Der Arbeitstag endet spät, erst so gegen 21:00 Uhr leeren sich die Büros. Es wird also lange und viel gearbeitet. Ob das immer im deutschen Sinne effektiv ist, ist schwierig zu beurteilen. Es wird halt anders gearbeitet. Man geht mehr ins Detail und nimmt sich auch Zeit dafür. Unendliche Diskussionen kennt man und will man nicht. Und Konfrontation und Konflikte werden gemieden. Neues und Veränderungen sind unerwünscht. Als Fremder tut man sich schwer in die Gemeinschaft zu kommen und man wird nie ganz Teil davon sein. Auch wird Privates und Geschäftliches klar getrennt. Man kann nach der Arbeit beim Bier offen über alles reden und ausgelassen feiern, am nächsten Tag im Büro wird darüber kein Wort verloren.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen