Donnerstag, 18. Juni 2015

Erfahrungsbericht 6



Erfahrungsbericht 6
Zeitraum: 01.06.2015 bis 18.06.2015
Titel: Man lebt sich ein


Ware wa de Nihon. Wir sind nun wirklich angekommen. Vieles ist einem zwischenzeitlich vertraut und geht einem auch leichter von der Hand. Natürlich ist Einiges weiterhin schwierig. Aber man hat gelernt, wie man damit umgeht. Aber mehr dazu im ersten Kapitel.

Alltagsablauf
Wie gesagt, der Alltag hat uns eingeholt. Nur ist der Alltag hier anders. Obwohl die Sonne schon
um 4:00 aufgeht, wird es erst um 8:00 lebendig. Der Arbeitstag geht dann bis  20:00 und manchmals auch später. Noch was zum Essen kaufen und dann ist der Tag auch schon wieder vorbei. An den Wochenenden wird dann gelebt. Auch da haben wir uns den japanischen Verhältnissen angepasst.
Es stimmt also, was man über den japanischen Alltag so berichtet. Ob das den Japanern gefällt, ist eine schwierige Frage. Auf der einen Seite sind sie stolz auf ihre Arbeitskultur, aber auf der anderen Seite ist man auch neidisch auf die z.B. deutschen Arbeitszeiten. Und langsam bewegt sich auch hier diesbezüglich etwas. Mehr dazu in einem späteren Bericht.

Wetter
Es ist Regenzeit. Das heißt nicht, dass es immer regnet. Es gibt Regengüsse und man sollte ohne Schirm nicht aus dem Haus gehen. Auch dichtes Schuhwerk ist von Vorteil. Wieder typisch japanisch, gibt es auch hierfür eine Lösung und die heißt Gummischuhe in jeder erdenklichen Ausführung. Mit dem Regen geht nun auch die Luftfeuchtigkeit hoch. Es kündigt sich an, was alle hier (inklusive Japaner) fürchten. Nämlich unerträgliche Hitze bei nahezu 100% Luftfeuchtigkeit. Wir sind gespannt wie das wird.
Ausflüge
Der Ueno-Zoo ist bekannt für seine Panda-Bären und sind die Attraktion. Daher muss man sich ordentlich in die Warteschlange einreihen und wird dann im Kollektiv durch das Gehege geschoben. Eine weitere Attraktion ist die Schwebebahn (gleiches Prinzip wie in Wuppertal). Auch eine fünfstöckige Pagode steht noch so in der Landschaft herum. Der Rest ist Zoo, wie wir es auch aus Deutschland kennen.


Wir sind in Asien und an Orten wie Ameyoko wird es einem richtig bewusst. An und unter einer Eisenbahntrasse tut sich ein Labyrinth von Händlern auf. Da findet man frischen und getrockneten Fisch, neben Kleider, Kosmetika, Uhren und Schuhen. Und natürlich Imbissbuden ohne Ende.Wie immer an solchen Orten ist alles bunt, grell und laut, Menschenmassen inklusive.


Der japanische Kaiser (Tenno Akihido) hat seinen Palast in Zentral-Tokyo. Wir wollten mal kurz zum Tee vorbeikommen, aber leider war der Tenno nicht da. Dafür durften wir seinen Garten und das Drumherum besichtigen. Eins wurde uns schnell klar. Der Tenno muss richtig wohlhabend sein, oder der japanische Staat sponsert. Ein riesiges Gelände mitten in Tokyo. Allein die Grundstückswerte gehen ins Astronomische. Und was für ein krasser Gegensatz. Schaut man nach links, sieht man die Skylinie von Tokyo. Sieht man nach rechts, sieht man eine eben Fläche mit Vorgärten, Palastgebäuden und japanischen Gartenanlagen. Wie ein mit dem Lineal gezogener Zeitsprung. Nur so am Rande, der Tenno hat natürlich noch weitere Palastanlagen. Man gönnt sich ja sonst nichts.



In der Nähe des Palastes ist auch ein Sportpalast, genannt Nippon Budokan. Dort finden die klassischen japanischen Wettkämpfe statt. Wir hatten das Glück, Kendo-Kämpfe (Schwertkampf) zu sehen.

Eine Geschäftsreise brachte mich an die Westküste von Japan. Schon auf der Bahnfahrt dorthin, fiel mir auf, dass Japan wenn man aus Tokyo rauskommt, schnell ländlich wird. Überall wird Reis und Gemüse angebaut. Die Orte Maibara und Takesu liegen idyllisch in einer Berglandschaft. Zusammen mit dem See Biw-ko und der Westküste selbst eine wahre Urlaubsgegend. Die kulinarische Spezialität der Gegend sind die Shoba-Nudeln (Buchweizennudeln). Wir wurden von einem Zulieferer in ein traditionelles Lokal eingeladen und haben wieder typisch japanisch auf dem Boden sitzend diese Spezialität genießen dürfen. Auf den Bildern seht ihr zwei Stapel von Schalen. In einem Turm sind nur Shoba-Nudeln, in dem anderen Turm sind Shashimi und Gemüse. Mit viel Geräusch (das ist Pflicht) haben wir die Nudeln eingesaugt. Glaubt mir, ich war so satt, ein Obstler hätte gut getan.
  

Und wieder eine Superlative. Der Landmark-Tower in Yokohama ist zwar mit 296m nicht unbedingt sehr hoch, besitzt aber den zweitschnellsten Aufzug der Welt (war bis zur Eröffnung des Taipei-Tower sogar der Schnellste). Mit 45 km/h rasen förmlich die Stockwerke an einem vorbei. Der Ohren- und Magendruck ist heftig. Die Umgebung des Towers heißt Landmark Plaza und besitzt noch weiteres Sehenswertes. Eine Rolltreppe, die einen Bogen macht, das "Hard Rock Cafe" und natürlich viele Läden und Lokale. Silvia hat auch ihr nächstes Auto gefunden.


Sprache
Wo sind die Voraussetzungen Japanisch zu lernen besser, als in Japan. Also haben wir beschlossen, ungeachtet unserer Fähigkeiten und Wortschatz nun auch Japanisch zu sprechen. Der Sprachkurs den wir haben hilft schon, aber lernen heißt die Sprach benutzen. Gut ist, dass die Japaner geduldsam sind und sich auch freuen, wenn man es versucht. Lustig ist es allemal.

Allgemeines
Wir haben Verstärkung bekommen. Gökhan ist angekommen. Tut gut, einen Freund aus der alten Heimat um sich zu haben.

Der Start in die Mobilität hat begonnen. Zwar klein aber bemerkbar. Ich habe mir ein Fahrrad gekauft. Schon der Kauf war ein Erlebnis pur. Man geht in den Laden, sucht sich ein  Fahrrad aus. Das Wunschfahrrad wird sofort aufgebaut und nach ca. 1h kann man stolz seine Neuerwerbung mitnehmen. Service pur. Die ertsen Fahrten forderten mich sehr. Weniger die Kondition machte mir zu schaffen, mehr der Linksverkehr. Auch hier ist das Fahrrad ein guter Start um die doch anderen Verkehrsbedingungen kennenzulernen. Aber auch dazu mehr in einem späteren Block. Wir planen einen schrittweisen Ausbau unserer Mobilität. Noch ein E-Bike für Silvia und dann Moped oder Roller

Was gibt es neues zu japanischen Bankwesen?
Silvia hat eine Bankkarte. Nach fast 30 Jahren Ehe ist das Vetrauen ausreichend hoch (haha). Wie ich schon berichtet habe, musste ich noch ein zweites Konto wegen der Firmenkreditkarte eröffnen. Das Konto ist zwar aktiv, aber die Kreditkarte steht noch aus. Alles beantragt, aber bürokratisch langwierig. Ich habe es zwischenzeitlich aufgegeben immer nachzufragen. Man muss halt die Geduld aufbringen und warten, bis sich die Dinge von selbst ergeben. Solange meine deutsche Kreditkarte mitmacht ist das (außer dem Wechselkursrisiko) kein Problem.

Silvia ist ab 1. Juli bis zum 27. August in Besigheim. Die Hochzeiten von Max und Mona und von lieben Freunden (Sibylle und Andy) stehen an. Und es ist einfach an der Zeit wieder etwas Heimatluft zu schnuppern. Da es unsere Besigheimer Festnetznummer nicht mehr gibt, müsst Ihr per Email oder
Whatsapp die Termine ausmachen. Zusätzlich planen wir eine deutsche Handynummer zu organiseren. Sobald die Nummer bekannt ist, melden wir uns.
Die Flugbuchung war auch eine neue Erfahrung. Wie kommt man günstig und schnell von Tokyo nach Besigheim. Dank vieler Internetportale kann man sich da umfangreich informieren. Aber wer die Wahl hat, hat die Qual. Direktflüge sind teuer, bleiben also Flüge mit Zwischenstopp. Je nachdem welche Fluglinie man wählt, kommt man iregendwo in der Welt als Zwischenstopp an. Silvia hat sich für einen Flug mit der Türkisch Airline mit Stopp in Istanbul entschieden. Generell kann man sehr günstig nach Tokyo und zurück fliegen. Da gibt es schon Angebote ab 500€. Also kommt uns besuchen.

Sonderthema "Convenience Stores"
Der Japaner will verwöhnt werden und liebt Service über alles. Ein typisches Beispiel dafür sind die Convenience Stores. Ihr müsst Euch das, wie folgt vorstellen. An jeder Ecke (und das ist wörtlich gemeint) gibt es solche Läden. Die haben alles für das tägliche Leben im Programm und sind 24h geöffnet. Also wenn man spät am Abend/Nacht ein Bier mit Chips benötigt, geht man mal eben in den "Convi". Man kann aber auch ganze Essen (Shushi, Yakitori und so weiter) zum Mitnehmen aussuchen, man kann Geld abheben, man kann seine Gas-, Strom- und Wasserrechnung bezahlen. Welch ein Luxus und wir werden das in Deutschland vermissen. Der Service geht im Laden selbst erst richtig los. Beim Betreten wird man von den Mitarbeitern herzlichst begrüßt. Und das sind immer doppelt so viele Mitarbeiter wie eigentlich benötigt werden. Es könnte ja ein unerwarteter Ansturm von Kundschaft kommen und man muss darauf eingerichtet sein. Die Läden selbst sind sehr hell und sauber, gut strukturiert und immer sieht alles wie geschleckt aus. Und keine Wartezeiten beim Bezahlen. Es ist ja immer genug Personal da. Wenn man noch Sonderwünsche hat wird das im Laufschritt erledigt. Eigentlich wird hier alles im Laufschritt durchgeführt. Der Bezahlvorgang selbst ist eine Zermonie der Höflichkeit. Alles wird mit singender Stimme begleitet. Dazu ständiges Verbeugen. Es gibt immer eine Tüte und es wird das Rückgeld samt Kassenzettel in einer sehr wertschätzenden Gestik überreicht. Wenn man keine Tüte möchte (jie keko des oder fukoro wa iremasen) ist das wie das Mitbringen einer Stofftasche eine Ausnahme. Beim Verlassen des Stores wird man dann wieder von Allen verabschiedet. Was für ein Verwöhnprogramm. Komisch finden wir nur die Namen (7/Eleven, Lawson, Famiy Mart, Sunkus, ...). Hier spürt man einfach die Nähe und den Einfluss Amerikas.
Noch ein Hinweis. Natürlich sind alle anderen Läden auch sehr serviceorinentiert, aber die Ausrichtung ist anders, aber dazu mehr in einem anderen Bericht.

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